Europäischer Emissionshandel in Sachsen-Anhalt
Was ist der Europäische Emissionshandel?
Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS 1) ist ein marktwirtschaftlicher Ansatz zur Reduktion von Treibhausgasen in Europa und wird derzeit bei Energie- und Industrieanlagen sowie beim Luft- und Seeverkehr zur Anwendung gebracht.
Innerhalb der Europäischen Union (inklusive Island, Liechtenstein und Norwegen, EU 30) gelten feste Höchstmengen an Gesamtemissionen, die von den betreffenden Anlagen innerhalb eines Jahres ausgestoßen werden dürfen. Mit jedem Jahr verringert sich diese Höchstmenge. Dadurch kommt es zu einer Einsparung von Emissionen. Die Unternehmen, die zum Emissionshandel verpflichtet sind, müssen dafür Berechtigungen erwerben und in entsprechender Menge abgeben. Angebot und Nachfrage im Hinblick auf die Emissionsberichtigungen regulieren deren Preis. Die am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen entscheiden dabei selbst, ob es für sie wirtschaftlicher ist, den Preis für die Emissionsberechtigungen zu zahlen oder in Emissionsminderungsmaßnahmen zu investieren. Somit können auf die für die Unternehmen wirtschaftlichste Art Treibhausgasemissionen eingespart werden.
Wie ist die Situation in Sachsen-Anhalt?
Sachsen-Anhalt ist ein Land, das durch große Braunkohlevorkommen im Süden bereits früh gute Bedingungen für energieintensive Unternehmen bot. Aus diesem Blickwinkel ist es nicht verwunderlich, dass für Sachsen-Anhalt sowohl der Energie- als auch der Industriesektor von großer Bedeutung sind – Sektoren, die großes Potential zur Senkung von Treibhausgasen besitzen, weshalb sie seit 2005 am Europäischen Emissionshandel teilnehmen. Aus diesem Grund werden der Emissionshandel und etwaige Klimaschutzmaßnahmen der Unternehmen im Land inhaltlich begleitet, um die Ergebnisse der Politik oder der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das Landesamt für Umweltschutz bereitet die Informationen der Europäischen Union (Unionsregister) sowie der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) für Sachsen-Anhalt auf. Des Weiteren fließen die Daten in den Treibhausgasbericht für Sachsen-Anhalt ein.
In Sachsen-Anhalt stammen aktuell rund 60 % der Treibhausgasemissionen aus Anlagen, die am EU-ETS 1 teilnehmen.
Während zur Einführung des Europäischen Emissionshandels ca. zwei Drittel der sachsen-anhaltischen EU-ETS 1-Emissionen aus Energieerzeugungsanlagen stammten, verringerte sich dieser Wert über die Jahre auf ca. die Hälfte der EU-ETS 1-Emissionen (siehe Diagramm 1). Damit stellen sie 2024 ca. 8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (CO2-Äq.). Ein CO2-Äquivalent beschreibt dabei die Klimawirkung verschiedener Treibhausgase in Relation zu Kohlenstoffdioxid (CO2). So wird beispielsweise 1 Kilogramm Lachgas (N2O) in seiner Klimawirkung mit einem Äquivalent von 265 Kilogramm CO2 berücksichtigt bzw. 265 Kilogramm CO2-Äquivalent (1 kg CO2 = 1 kg CO2-Äq.). Neuere Erkenntnisse gehen davon aus, dass man sogar für 1 Kilogramm N2O 273 ± 130 Kilogramm CO2-Äq. ansetzen sollte.
Die andere Hälfte stammt aus den Industrieanlagen, deren Emissionsmenge 2013 auf ein den Energieanlagen vergleichbares Niveau gehoben wurde. Die Emissionen aus der Industrie waren lange Zeit konstant und begannen erst in den letzten Jahren etwas zu sinken.

Ursachen für diese Entwicklungen liegen einerseits in der Reduktion der Emissionen aus Energieanlagen infolge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, dem Kohleausstieg und der Preisentwicklung am Strommarkt und für Emissionsberechtigungen. Eine Rolle spielen außerdem die Witterung in den Wintermonaten sowie das Auftreten von Wind und Sonnenschein generell.
Andererseits wird das Emissionshandelssystem im Bereich der Industrieanlagen weiterhin fortwährend überarbeitet. Weitere Tätigkeiten werden einbezogen, wodurch die Zahl der Anlagen bzw. der Emissionen aus diesen teilweise schlagartig steigt (siehe 2013). Die Emissionen der letzten Jahre stehen deutlich im Zeichen der Corona-Pandemie sowie des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und deren wirtschaftlichen Auswirkungen. Zuletzt entspannten sich die äußeren Umstände ein wenig. Damit verbundene Rebound-Effekte führten u. a. dazu, dass die Emissionen im Jahr 2024 in Sachsen-Anhalt nicht weiter sanken.
Welche Einsatzstoffe sind für Sachsen-Anhalt relevant?
Im Hinblick auf die verwendeten Einsatzstoffe in den emissionshandelspflichtigen Anlagen in Sachsen-Anhalt zeigt sich, dass drei Stoffe bzw. Stoffgruppen das Gros der sachsen-anhaltischen Emissionen verursachen: Braunkohle, Erdgas und sonstige Brennstoffe wie beispielsweise Rest- und Abfallstoffe der Wirtschaft (siehe Diagramm 2).

Der zuletzt absteigende Trend der Emissionen aus diesen Einsatzstoffen liegt in den bereits oben genannten Aspekten begründet: die Stromerzeugung mit Braunkohle ist verglichen mit anderen Energieträgern kostenintensiv, nicht zuletzt durch die hohen spezifischen Emissionen je Kilowattstunde und entsprechend hohen Kosten für den Erwerb von Emissionszertifikaten. Infolge des Ukrainekonfliktes stieg der Preis von Erdgas, was die Energieerzeugung aus diesem ebenso verteuerte. Der Einsatz sonstiger Brennstoffe, die oftmals Verwendung in Industrieprozessen finden, sank aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen und, damit teilweise verbunden, sinkender Produktionsmengen der letzten Jahre ebenfalls.
Wie funktionieren die Verteilung und der Handel mit Emissionsberechtigungen?
Berechtigungen (bzw. Zertifikate) zum Ausstoß von Treibhausgasen erhalten die zum Emissionshandel verpflichteten Unternehmen auf zwei Wegen: zum einen werden Berechtigungen unter bestimmten Bedingungen kostenlos verteilt, zum anderen können die Zertifikate an der EEX in Leipzig ersteigert werden.
Zur Einführung des Emissionshandels waren die meisten Anlagen sehr gut mit kostenlosen Zertifikaten ausgestattet, bei den Industrieanlagen lag die Zahl kostenloser Zertifikate sogar über der Emissionsmenge (siehe Diagramm 3). Mit einer derartigen Konstellation zeigt ein Instrument wie der Emissionshandel wenig Wirkung. Die Preise für die Zertifikate waren sehr gering und es wurde wenig in den Klimaschutz investiert.

Fortsetzung Handel Emissionsberechtigungen
Im Laufe der Zeit wurde der Mechanismus zur Vergabe kostenloser Emissionsberechtigungen immer weiter optimiert. Zum Beispiel erhalten Energieanlagen, die ausschließlich der Stromerzeugung dienen, seit 2013 keine kostenlosen Zertifikate mehr. Industrieanlagen werden hinsichtlich eines Benchmarks betrachtet, der die umweltschonendsten Produktionsmethoden als Standard für die Verteilung von kostenlosen Berechtigungen setzt. Seit 2013 dürfen außerdem keine Zertifikate aus Kyoto-Mechanismen in den Emissionshandel einfließen.
Anhand dieser und anderer Aspekte verringerte sich die Ausstattung von Energieanlagen mit kostenlosen Zertifikaten deutlich. Sie müssen inzwischen den Großteil ihrer Zertifikate ersteigern, was wiederum Anreize für Investitionen in den Klimaschutz schafft.
Industrieanlagen erhalten immer noch sehr viele Zertifikate kostenlos zugeteilt. Dies soll vor allem verhindern, dass Anlagenbetreiber ihre Produktion in Regionen auslagern, wo dem Klimaschutz eine geringere Bedeutung beigemessen wird als in der Europäischen Union (sog. Carbon Leakage). Doch auch hier wurden in den letzten Jahren Anpassungen vorgenommen. Mit dem Grenzausgleichsmechanismus CBAM werden nach und nach für Produkte, die in der Europäischen Union dem Emissionshandel unterliegen und eingeführt werden, ebenso Zertifikate fällig. Durch den zusätzlichen Kostenfaktor verlieren diese gegenüber emissionsärmer produzierten inländischen Produkten an Attraktivität. Je weiter CBAM voranschreitet, umso mehr werden die kostenlosen Berechtigungen für Industrieanlagen zurückgefahren.
Es ist vorgesehen, dass im Jahr 2030 keinerlei Zertifikate mehr kostenlos zur Verfügung gestellt werden und alle Anlagenbetreiber ihren Bedarf durch Ersteigerung decken müssen. Dies gilt sowohl für Energie- als auch für Industrieanlagen.
Was bedeutet dies für das Land Sachsen-Anhalt?
Sachsen-Anhalt hat aufgrund seiner (Industrie-)Geschichte verglichen mit anderen Bundesländern einen hohen CO2-Ausstoß. Viele Produkte, die in anderen Bundesländern verbraucht werden, werden in Sachsen-Anhalt hergestellt. Nichtsdestotrotz entsteht dadurch eine Verantwortung für das Land, seinen Treibhausgasausstoß zu verringern.
Für die Braunkohlekraftwerke im Land, die für sehr hohe CO2-Emissionen verantwortlich sind, liegen teilweise bereits Pläne für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen vor, manche befinden sich auch schon in der Umsetzung. Sachsen-Anhalts größtes Braunkohlekraftwerk beispielsweise muss infolge des Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) spätestens Ende 2034 den Betrieb einstellen. Da der Standort jedoch für die Energieerzeugung erhalten bleiben soll, werden hier zukünftig klimaschonendere Wege beschritten. Aber auch Kraftwerke, die nicht vom KVBG betroffen sind, müssen ihren Treibhausgasausstoß weiter verringern, um zum Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 beizutragen.
Auch die Industrieanlagen müssen ihre Emissionen deutlich reduzieren. Da bei den Industrieanlagen aktuell verringerte Emissionen noch vielfach auf verringerte Produktionen infolge der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen sind, sind hier noch die Herausforderungen noch größer.
Letzte Aktualisierung: 07.10.2025