Amphibien haben eine komplexe Lebensweise und benötigen ausreichend große Feuchtgebiete und fischfreie Gewässerkomplexe zur Laichabgabe und zum Aufwachsen der Kaulquappen. Ebenso brauchen sie großflächige, insektenreiche Landlebensräume wie Feuchtgrünland, Brachen und strukturreiche Wälder. Die Teillebensräume müssen zudem gut miteinander vernetzt sein, damit die Tiere ungehindert zwischen ihnen wandern können.
Sachsen-Anhalt ist jedoch geprägt von großen, intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen mit wenig geeigneten Lebensräumen für Amphibien. Die verbliebenen Lebensräume werden stark durch das Verkehrsnetz zerschnitten, so dass jährlich Zehntausende Amphibien auf der Wanderung zu den Laichgewässern sterben. Zusätzlich hat die Dürre der letzten Jahre zu massiven Bestandseinbrüchen geführt, berichtet Marcel Seyring, Biologe am Landesamt für Umweltschutz: „Die von seltenen und gefährdeten Arten bevorzugten flachen Laichgewässer fielen wiederholt trocken und der Fortpflanzungserfolg blieb vielfach komplett aus.“ Auch die ebenso wichtigen Landlebensräume boten in Folge der Trockenheit kaum geeignete Lebensbedingungen und ausreichend Nahrung für die auf feuchte Habitate angewiesenen Amphibien. „Schließlich tun die viel zu milden Winter ein Übriges und führen zu hoher Wintersterblichkeit. Amphibien verstecken sich zum Überwintern in Wurzelhöhlen, Erdlöchern oder Felsspalten. Sie verharren dort in einer Winterstarre, bei der Körperfunktionen wie Atmung und Energieverbrauch stark heruntergefahren werden. In zu milden Wintern endet diese Starre vorzeitig, so dass die Energiereserven bei vielen Tieren nicht bis zum Frühjahr ausreichen.“ erklärt Marcel Seyring, Biologe am Landesamt für Umweltschutz.
Nach Schätzungen des Landesamtes sind die Amphibienbestände in den vergangenen sieben Jahren um bis zu 90 Prozent eingebrochen. Am stärksten betroffen sind die Arten des Offenlandes wie Grasfrosch, Moorfrosch, Laubfrosch und Kreuzkröte. Aber auch die früher sehr häufige Erdkröte hat landesweit einen drastischen Populationseinbruch erlitten. Das belegen Zahlen von Amphibienschutzzäunen an Straßen, die in jedem Jahr zum Schutz der wandernden Tiere aufgestellt werden.
Mit dem feuchten Winter hat sich derzeit zumindest die Situation der Laichgewässer entspannt. Generell verschärft sich die Bedrohung heimischer Amphibien durch neue Infrastrukturmaßnahmen wie etwa den Bau großer Freiflächenphotovoltaikanlagen auf Grünland- und Brachflächen.
Das Landesamt für Umweltschutz wird in den kommenden Wochen mit der jährlichen Erfassung zu Verbreitung und Bestand der heimischen Amphibienpopulation beginnen. Bürgerinnen und Bürger können helfen, indem sie ihre Amphibienbeobachtungen melden. Neben Beobachtungen an Gewässern sind Sichtungen an Straßen besonders wichtig, da so Konfliktstellen entdeckt und entschärft werden können. Für die Meldung wird ein Foto, Video oder eine Tonaufnahme benötigt.