Noch ist die Gottesanbeterin ein seltener Anblick in Sachsen-Anhalt, doch mit den klimatischen Veränderungen erobert das südeuropäische Insekt auch bei uns neue Lebensräume. In den heißen und trockenen Jahren 2019 und 2020 beobachtete das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) eine rasante Ausbreitung der Art im Süden Sachsen-Anhalts.
Das Insekt mit dem wissenschaftlichen Namen Mantis religiosa gehört zur Gruppe der Fangschrecken, welche spezielle Fangbeine für die Jagd besitzen. Der Name der Gottesanbeterin geht auf die in Ruhestellung an den Körper angelegten Fangbeine zurück, die an eine Gebetsposition erinnern.
Männliche Tiere werden etwa fünf Zentimeter groß, Weibchen bis zu sechs. Die hellgrüne oder bräunliche Färbung orientiert sich an der vorherrschenden Vegetation und dient der Tarnung. Die Art besiedelt vor allem gut besonnte Halbtrockenrasen, Heiden, Brachen und Gärten mit höheren Gräsern, Stauden und Gebüschen. Bei sonnigem Wetter sitzt sie an erhöhter Stelle in der Vegetation und lauert auf Beute. Diese besteht vorrangig aus anderen Insekten wie Wespen, Bienen, Heuschecken und Ameisen.
Gottesanbeterinnen lieben Wärme und vertragen Trockenheit. Seit Anfang der 90er Jahre breiten sie sich durch klimatische Veränderungen immer weiter nach Norden aus. Einen ersten Fund in Sachsen-Anhalt gab es im Jahr 1991 in Magdeburg, wo sich die Art aber nicht etablierte. Die erste, sich fortpflanzende Population in Sachsen-Anhalt existiert seit 2004 am Geiseltalsee.
Mit den heißen Sommern der letzten zwei Jahre breitete sich die Gottesanbeterin weiter aus, was sich auch in einem deutlichen Anstieg der gemeldeten Beobachtungen zeigte. Aktuell kommt sie vor allem westlich der Saale bis zum Südharz vor und erreicht im Norden die Stadtgrenze von Halle (Saale). Außerdem gab es einige Meldungen aus Aschersleben, dem Landkreis Wittenberg und dem östlichen Saalekreis.
Marcel Seyring, Biologe am Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, geht von einer weiteren Ausbreitung in den kommenden Jahren aus: „Am Beispiel der Gottesanbeterin können wir eindrucksvoll die klimatisch bedingten Ausbreitungsmuster wärmeliebender Arten nachvollziehen“, so Seyring. Um die Entwicklung möglichst genau zu verfolgen, bittet er darum Beobachtungen zu melden. Wichtig dabei seien das Funddatum und genaue Angaben zum Fundort wie Koordinaten, exakte Adresse oder Markierung auf einer Karte. Außerdem benötigt er die Anzahl der gesichteten Tiere, die Färbung und für eventuelle Nachfragen die Namen der Meldenden. Die Informationen können nach Möglichkeit mit einem Foto gesendet werden an artenmeldung(at)lau.mlu.sachsen-anhalt.de.
Noch einfacher geht die Meldung mit der kostenlosen App „Meine Umwelt“, die für Android und iOS verfügbar ist. Die gemeldeten Beobachtungen finden Eingang in die zentrale Artdatenbank des Landesamtes für Umweltschutz, wo sie für die wissenschaftliche Auswertung, die Bearbeitung der Roten Listen und die Fortschreibung der Artverbreitung genutzt werden.